Vertrauen in die Medienbranche, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten als Journalist*innen, Vertrauen in neue Möglichkeiten für Vertrieb und Vermarktung. Wir brauchen Vertrauen in den Journalismus, um unsere Branche zu stärken. Wie das geht, wollen wir beim dritten Medien-Zukunft-Festival am 10. Oktober 2020 diskutieren. Vorab wird unsere Keynotespeakerin Prof. Dr. Alexandra Borchardt genau dieses Thema beleuchten.
Beim Thema Medienvertrauen werde gerne mit Superlativen gearbeitet, auch in der Branche selbst, sagt Borchardt. „Noch nie war das Vertrauen in den Journalismus so niedrig“, heiße es dann oder „Vertrauen in die Presse sinkt seit Jahren“. Man sollte hinter beide Behauptungen zumindest ein Fragezeichen stellen, denn wie so oft sei die Wirklichkeit komplizierter. Forscher*innen diagnostizierten keinen drastischen Vertrauensschwund in journalistische Produkte. Im Gegenteil, in der Corona-Krise sei die Hoffnung auf Aufklärung durch etablierte Medien ausgeprägt wie lange nicht, selbst bei jungen Menschen. Es gehe vielmehr um die Frage, wer wem vertraut – oder eben nicht. Neue Studien bestätigen dies, sagt Borchardt.
Die MZF-Keynotespeakerin ist eine erfahrene Journalistin, Buchautorin und Beraterin. Sie ist Professorin und Co-Leiterin des Studiengangs Medien.Kultur.Journalismus an der Universität der Künste in Berlin sowie Senior Research Associate am Reuters Institute for the Study of Journalism an der University of Oxford. Als journalistische Leiterin ist sie außerdem für das Digital Journalism Fellowship an der Hamburg Media School verantwortlich.
Borchardt beschäftigt sich auf vielen Ebenen mit dem Journalismus - wissenschaftlich wie praktisch. Für sie ist vor allem die Qualität der journalistischen Arbeit wichtig. Borchardt zitiert eine neue, großangelegte quantitative Studie der Kommunikationswissenschaftler Antonis Kalogeropoulos und Benjamin Toff, die ergeben hat, dass Vertrauen in die Qualität von Medien und der Grad an Pressefreiheit die wichtigsten Variablen dafür seien, ob Menschen Medien überhaupt nutzen oder ob sie sie ignorieren. Der Bildungsgrad spiele dagegen praktisch keine Rolle. Es lohnt sich also, so Borchardt, in diese Qualität zu investieren. "Denn wenn sich die Bürger vom Journalismus abwenden, entziehen sie ihm die Lebensgrundlage."