Es war bereits das dritte Medien|Zukunft|Festival des DJV Baden-Württemberg, das am gestrigen Samstag über die Bühne gegangen ist - und doch war es eine Premiere. Denn nicht nur, dass es zum ersten Mal eine reine Online-Veranstaltung war, was doch einige Vorbereitung auch im technischen Bereich erforderte, sondern es gab ebenso ein Motto: Vertrauen. Und das spielte nicht nur in den Keynotes und einigen Workshops eine Rolle, sondern sogar beim Konzert der Synthiepop-Band Ok.Danke.Tschüss in der Mittagspause.
Passender hätte das im März gewählte Motto kaum sein können in einer Zeit, in der Fake News und Co. immer weiter Verbreitung finden, vor allem in den sozialen Netzwerken. Doch es gibt auch gute Nachrichten, so die DJV-Landesvorsitzende Dagmar Lange in ihrer Begrüßung, denn das Vertrauen großer Teile der Bevölkerung in die Medien sei nach wie vor hoch. Und das müssten die klassischen Informationsmedien weiter nutzen und ihre Stärken ausspielen, durch Recherche und ihre Netzwerke, vor allem im Lokalen - der Abbau von Stellen und Kurzarbeit, wie aktuell in Zeiten von Corona, sei da kontraproduktiv.
Auch Alexandra Borchardt, Journalistin und Professorin an der Universität der Künste in Berlin, hob die Bedeutung von Recherche hervor, zudem sollten sich Journalisten nicht von der Politik treiben lassen, sondern selbst Themen setzen. Zu ihren fünf Leitsätzen gehört auch, das Publikum einzubeziehen, die Themen/Recheche zu erklären und Medienbildung zu betreiben, nicht nur über Qualitätsjournalismus zu sprechen sondern diesen auch liefern - und vor allem: "business first!" Denn nur mit vernünftigen Bezahlmodellen könne guter Journalismus geleistet werden, Vertrauen der Nutzer in den Medienmacher sei dazu unumgänglich. Und wie Dagmar Lange hatte sie anhand von Ergebnissen zahlreicher Studien, die als Urheber von Fake News vor allem Politiker und nur kaum Journalisten sehen, auch gute Nachrichten und einen Appell: "Verzweifelt nicht, wenn ihr das Gefühl habt, dass das Publikum nicht so viel Vertrauen in den Journalismus habt. Denn eine leichte Skepsis ist auch ein gutes Zeichen, und gehört zur Grundausrüstung jedes Bürgers. Ein absolutes Vertrauen kann man gar nicht erreichen." Journalisten sollten sich deshalb auf ihre Stärken besinnen, nah an der Leserschaft sein und anhand dessen die Wahl der Themen treffen. Und auch Lösungen aufzeigen, denn, auch das das Ergebnis einer Studie, aus Sicht vieler Rezipienten sei der Ton oft zu negativ, Nachrichten würden ihnen schlechte Laune bereiten - mehr Augenmerk sollte laut Borchardt deshalb auf den Konstruktiven Journalismus gelegt werden.
Workshops: Von Konstruktivem Journalismus bis Selbstständigkeit
Passend dazu gab es im anschließenden Workshop-Slot auch einen Beitrag von Johannes Meyer. Der freie Journalist und Moderator zeigte in seiner Session "Über Lösungen sprechen! Wie konstruktiv ist Konstruktiver Journalismus?" anhand von Beispielen, wie vielfältig diese neuen Formate sind und wie sie Debatten auslösen können. Dabei ging es ebenso um die immer wieder geäußerte Kritik, dass nicht mehr nur informiert würde, sondern die Journalisten zu Aktivisten werden. Roland Karle brachte in seinem Workshop einen weiteren Akteur beim Thema Vertrauen ins Spiel, nämlich die Redaktionen als Abnehmer der Geschichten freier Journalisten. Und bei Alexandra Haderlein, die sich mit einem Lokalblog selbstständig gemacht hatte, ging es vor allem um das Vertrauen in die eigene Arbeit und Ideen. Letzters war auch bei den Badischen Neuesten Nachrichten ein Thema, wo der Internetauftritt einem größeren Relaunch unterzogen und neue Angebote wie ein "Radreporter" und verschiedene Newsletter geschaffen wurden, die die Leserschaft stärker einbinden sollen.
Eine Innovationsfähigkeit, wie sie in der Verlagsbranche oft fehlt, kritisierte Rainer Lang, Vorsitzender der Pressestiftung, in seiner Keynote. "Für mich passiert da einfach zu wenig, es kommt nicht einmal eine Idee", sagte er. Und rief gleichzeitg die Zuhörer auf, sich mit Konzepten an seine Organisation zu wenden, die gerne bereit sei, zukunftsfähigen Journalismus zu unterstützen.
Alles andere als Schema F war auch der Auftritt der Synthiepop-Band Ok.Danke.Tschüss, die sich an der Popakademie Mannheim gegründet hatte. Sie waren, wie alle anderen, via Online-Konferenztool zugeschaltet und begeisterten mit ihren frechen, frischen Songs. Vor allem, als sie spontan vorgebrachte Schlagwörter ihres Online-Publikums einbauten. Und so ging es musikalisch um den Schienenersatzverkehr, Herbstlaub, die Zwischenzeile und eine kaum auszusprechende Säure - und natürlich um Vertrauen. Denn ohne das, das ist klar, geht es einfach nicht.